Das Schadenskonzept und die Ursachenrecherche zum Einsturz der Carolabrücke -vom Timing her-, keine guten Nachrichten für die Stadt Dresden
von Dr.h.c. Bernhard Heck
Am Tag 10 nach dem Brückeneinsturz hatten die Beauftragten der Stadt die Leiterin des Straßen- und Tiefbauamtes, Simone Prüfer und der Abteilungsleiter Brücken- und Ingenieurbauwerke, Holger Kalbe für das Schadenskonzept Carolabrücke keine guten Nachrichten parat. 48 Stunden vorher versuchte noch Steffen Marx, Experte für Brücken, Inhaber einer Stiftungsprofessur für Ingenieurbau an der TU Dresden und Gesellschafter des mit der Untersuchung und Zustandserfassung der Carolabrücke beauftragten Büros MKP GmbH einen ersten Eindruck zum Brückenschaden positiv darzustellen. Mit abgeleiteten erste Erkenntnisse und einem ersten Überblick über die Schadensdokumentation und daraus auch die Ursachenrecherche für den Teileinsturz der Carolabrücke im Beisein von Simone Prüfer und Baubürgermeister Stephan Kühn für die Task Force zur Regelung der Verkehrsströme ohne die Carolabrücke.
Bei der Schadensdokumentation wird insbesondere untersucht , welchen Einfluss Korrosion und eindringende Feuchtigkeit auch in Verbindung mit Chlorid Eintrag (Salz) gespielt haben könnten. Ebenso werden Betonversagen, Gelenkversagen, Verbundversagen der Betonstahlbewehrung und Ermüdung als Schadensszenarien betrachtet. In einer Sichtung des Schadens an der Bruchstelle konnte bereits festgestellt werden, dass etwa 25 Prozent der nun offenliegenden Spannglieder Vorschädigungen aufwiesen. Für die Untersuchungen wurden außerdem erste Bohrproben an Zug C entnommen, weitere Untersuchungen von Zug C sowie eine Sichtprüfung des Hohlkastens sind dafür nach dem Hochwasser geplant. Marx betonte das diese Korrosionen in ganz Deutschland bekannt sind, und man gerade bei den Beton-Spannbrücken auch über neue Verfahren der Prüfung nachdenken sollte. Bei der Prüfung an der Brücke zum Nachweis des „Bruch vor Riss“- Kriteriums, waren bei der Carolabrücke positive Prüfungen erfolgt. „Wir glaubten uns sicher zu sein, wurden nun aber eines anderen belehrt. Mit einer neuen Methode so Marx, hätte man den Brückeneinsturz eventuell vermeiden können. Das Schallemissions-Monitoring könnte die Früherkennung von Schäden an Beton-Spannbrücken erheblich verbessern. Dabei werden kleine Richt-Mikrofone in den Brückenzug eingebaut, um bei einem Bruch der Stahldrähte das Geräusch aufzunehmen und zu lokalisieren. Bleibt die Frage warum hat man von Seiten der Stadt Dresden diese Verfahrensweise nicht angewendet, oder war diese Methode die bei anderen Brücken in Deutschland teilweise angewendet wird, nicht bekannt?
Zum Abbruchkonzept für den Brückenzug C hatte Holger Kalbe, Abteilungsleiter Brücken- und Ingenieurbauwerke keine guten Nachrichten. „Die Arbeiten können erst beginnen, wenn die Elbe kein Hochwasser mehr hat. Heute stand der Pegel etwas über fünf Metern. Ãœber das kommende Wochenende gilt Hochwasserstufe 1. Für erste Arbeiten am Altstädter Ufer braucht es einen Pegel von unter 4,50 Metern für die Dauer von mindestens drei Wochen. Für weitere Arbeiten zur Bergung der Brückenteile im Fluss von der Altstädter Seite aus muss der Pegel für mindestens fünf Wochen auf unter 2,30 Meter sinken. In einem weiteren Bauabschnitt soll auf der Neustädter Seite in etwa drei Wochen bei einem Pegel von unter zwei Metern abgebrochen werden. Insgesamt sind also mindestens elf Wochen nötig und der entsprechende Pegel der Elbe, um die Bergung der großen Teile in der Elbe durchzuführen“.
In der Planung ist vorgesehen: Zunächst muss an beiden Ufern der Untergrund befestigt werden, um Strom- und Abwasserleitungen im Boden zu sichern, wenn schwere Geräte zum Einsatz kommen. Dann geht es darum, die Brücke an den gebrochenen Gelenken abzulösen, damit die noch schräg hängenden Teile nach unten fallen, teilweise in den Fluss. Dafür muss an manchen Stellen ein sogenanntes „Fallbett“ errichtet werden. Erst dann können die schweren Betonteile zerkleinert und abtransportiert werden. Eine Bergung der großen Teile direkt aus dem Fluss ist nicht möglich, weil einerseits keine verlässliche Angriffsstelle an den kaputten Brückenteilen vorhanden sind, an denen ein Abbruchgerät sicher andocken könnte. Andererseits sind die großen Teile schlicht zu schwer. Für das Zerkleinern und den Abtransport im Fluss müssen entsprechende Rampen installiert werden. Liegen die großen Brückenteile im Fluss, werden sie als Teil dieser Rampe befahren. Etwa ein Drittel des Brückenzuges C vermutet Holger Kalbe, konnte in der Zeit vom 12. September bis 14. September in etwa 47 Stunden am Neustädter Brückenkopf abgebrochen, zerkleinert und abtransportiert werden. Das musste wegen des nahenden Hochwassers schnell gehen. Es handelt sich um etwa 1.500 Tonnen Beton und Stahl. Das Material wird nun recycelt. Es wird vermutlich mehrere Monate dauern, den Brückenzug C komplett abzubrechen.
Inwieweit eine Schifffahrt wieder möglich ist, hängt vom Fortschritt des weiteren Abrisses von Brückenzug C und der abschließenden Begutachtung des Zustandes von den Brückenzügen A und B ab. Aktuell werden so die Meldung der Stadt Dresden alle Brückenteile messtechnisch überwacht und in wechselnder Besetzung sind derzeit täglich 15 bis 20 Ingenieure am Projekt für die Untersuchungen der Brückenzüge A und B tätig. Fachleute des Straßen- und Tiefbauamtes sind täglich vor Ort und stehen in enger Abstimmung mit weiteren Ämtern und den Versorgern, wie SachsenEnergie und Stadtentwässerung. Wir bleiben dran!
Quellen: Stadt Dresden, Presse Hamburg