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Kirchenkonzert 20 Jahre Kirchweihe der Extraklasse – mit stehenden Ovationen bedankten sich die Zuhörerinnen und Zuhörer für die exzellenten Darbietungen.

Von Dr.h.c. Bernhard Heck

Mit einem Kirchenkonzert der Extraklasse sorgte der Preisträger verschiedener Orgelwettbewerbe und erster Kantor der Dresdner Frauenkirche Matthias Grünert (52), zusammen mit den Jenaer Philharmoniker und dem 60köpfigen Dresdner Frauenkirchen-Chor für viel Euphorie. Ebenfalls ein Höhepunkt, die akustisch taktvolle Einblendung mit Gesangseinlage der Sopranistin der Sächsischen Staatsoper Dresden Romy Petrick sowie des Tenors Tobias Hunger und Bass Interpreten Tobias Berndt, beide ehemalige Kruzianer, die mit ihrem Stimmenklang den Barocktempel Frauenkriche verzauberten.

Der Dresdner Frauenchor in seinen neuen Roben. 60 Stimmen, ein Klang: Der Chor der Frauenkirche faszinierte mit seiner Homogenität und großen Ausdrucksstärke. Wärme und Präzision bei den diversen Klangkörpern.
Bekamen minutenlang stehende Ovationen. vo Links; Sopranistin Romy Petrick, Peter Grimm Jenaer Philhamoniker, erster Kantor der Dresdner Frauenkirche Matthias Grünert, Tenor Tobias Hunger, Bass Tobias Berndt und Solisten der Philharmonie aus Jena.

14 engagierte und ausdrucksstarke sakrale Musikstücke wurden dem Publikum präsentiert. Über eineinhalb Stunde dauerte das Konzert zum 20 Jährigen Kirchweihfest. Am Ende nach fünf (!) Minuten Beifall und Jubelrufen des Publikums war klar: So ein tolles Konzert in der Frauenkirche ist purer Hochgenuss. Mit stehenden Ovationen bedankten sich die Zuhörerinnen und Zuhörer für die exzellenten Darbietungen. Die dirigierende Taktik von Matthias Grünert, das Orchester von Beginn an zu fordern, war aufgegangen. Bereits mit dem ersten Stück als Einführung, dem Kyrie Charles Gounod (1818 – 1893) und der Messe solennelle en l’honneur de Sainte-Cécile (»Cäcilienmesse«) über 11 Minuten landeten die Jenaer Philharmoniker und Grünert mit engagiertem Einsatzszenen am Pult beim Publikum seinen ersten Treffer. Der frühe Erfolg verlieh dem Orchester musikalisch geradezu Flügel. Denn die Musikerinnen und Musiker spielten mit jeder weiteren Darbietung immer besser.

Das Schöne dabei: Auch dem zunächst eher verhaltenen Zuhörerinnen und Zuhörern schien das Konzert jetzt Spaß zu machen. Bei den Spirituals wurde es in der Kirche richtig lebendig: Mit allem, was dazugehört einschließlich den drei Interpreten und dem Chor der Frauenkirche, die die Hörer in Erstaunen versetzt haben. Man sei »zunächst […] geblendet, dann berauscht und endlich überwältigt.« Und wahrhaftig, einerseits kann man in diesem Werk einen farbig-dramatischen Ton mit prachtvoller Klangentfaltung heraushören, andererseits eine an die Gregorianik gemahnende Einfachheit, dazu eine meist schlichte Harmonik und eine gesangvolle Ausdeutung des Messetextes. Das Instrumentarium weist neben der klassischen Orchesterbesetzung und zwei Harfen, den zusätzlich zu zwei Trompeten, die für ein großes französisches Orchester typischen Pistons (hier zwei Flügelhörner) und zu den Kontrabässen gesellt sich ein riesengroß dimensionierter »Oktobass« hinzu, um an bestimmten Stellen den tiefen Tönen mehr Gewicht zu verleihen.

Ein Genuss, die leisen Sonaren Töne in den ersten Reihen stellenweise »einzufangen« zu können. Auch die Werke »Sinfonie C-Dur« von Georges Bizet begeisterten die prall gefüllten Bänke und Reihen im Kirchschiff. Die Interpretation von Bizet, ein jugendlicher Geniestreich – wurde stilistisch ausgeglichen und instrumentatorisch reif eröffnet. Sie lässt sich mit Schuberts 3. Sinfonie (im Alter von 18 Jahren) oder Mendelssohns »Sommernachtstraum«-Ouvertüre (im Alter von 17) vergleichen.

Ein Vorbild war Gounods 1855 komponierte Sinfonie in D-Dur. Bizet kannte sie gut; er hatte sie sogar für zwei Klaviere arrangiert. Ähnlichkeiten zeigen sich in den Streicherfiguren, wo die Solisten auf den Takt genau die Exaktheit zelebrierten.

Den entwickelnden Sequenzen, in Fugato-Abschnitten der langsamen Sätze und in motivischen Parallelen. Weitere stilistische Anleihen finden sich bei Mendelssohn, auch in der Wiener Klassik und bei Rossini.

Das Fazit nach dem einmaligen musikalischen Hörgenuss in der Frauenkirche: Unter der Leitung von Grünert stellte bei dem Kirchenkonzert unter seiner Leitung nicht nur sein überdurchschnittliches Können unter Beweis, sondern bestach auch durch seine erstaunliche Kondition am Dirigenten Pult. Der Einklang der Klangkörper machte darüber hinaus, ausgezeichnet interpretiert von den Philharmonikern aus Jena, auch seinem neuen Image, sakrale Stücke in zeitgemäßer moderner Form darbieten zu können, alle Ehre. Auch Johann Sebastian Bach und Georg Friedrich Händel dürften an dem Konzert ihre helle Freude gehabt haben. Der ehemalige Oberbürgermeister Dresdens (1990-2002) Dr. Herbert Wagner (77): »Ich freu mich riesig über die 20 Jahre seitdem wir die Frauenkirche wieder aufgebaut haben, dass sie mit Leben erfüllt wurde, sie für Frieden, Versöhnung und auch für den Glauben steht. Ein hervorragendes Erlebnis und Beweis alles guten Tuns, so wie auch heute Abend bei diesem Schönen Konzert. Ich bin dankbar dafür, in der Frauenkirche dieses Kirchenkonzert erlebt zu haben«.

Vom Schatzmeister Ulrich Blüthner-Haessler von der Gesellschaft zur Förderung der Frauenkirche e.V. klang es noch effektvoller: »Einmalig, ein Extralob für die großartige Leistung der Musikerinnen und Musiker, allen Jenaer Philharmonikerern voran Romy Petrick, sowie Tobias Hunger und Tobias Berndt, die bei dem Kirchweih-Konzert als Gesangssolisten brillierten. Es ist nicht in Worte zu fassen, so etwas überwältigendes habe ich noch nicht erlebt, das Orchester aus Jena, welches mir bisher nichts sagte. Ich bin begeistert, auch von der Engagiertheit unseres Kantors Matthias Grünert. Ein Erlebnis, dieses Konzert zum 20. Kirchweihtag«.

Zum Auftakt wurden die Kosten der neuen Roben für den 80 köpfigen Frauenkirchen-Chor durch Ulrich Blüthner-Haessler von der Gesellschaft zur Förderung der Frauenkirche e.V. und Maria Noth, Geschäftsführerin Stiftung Frauenkirche, an die Chorleiterin Daniela Behrens, posthum getilgt. Das Projekt der neuen schwarzen Chormäntel mit rotem Krag-Mantel hat erst die Gesellschaft zur Förderung der Frauenkirche e.V. möglich gemacht. Diese Gewänder stehen symbolisch für vieles, was in Bewegung ist – und dafür, wie wertvoll Unterstützung von außen für unseren inneren Wandel ist. Dazu Geschäftsführerin Maria Noth: »Das neue Gewand erinnert uns: Veränderung ist kein Verlust. Sie ist manchmal ein Wagnis, manchmal eine Improvisation. Aber sie ist auch eine Kraft, die Schönheit schafft – und Zukunft«.

Hier, an diesem besonderen Ort, steht sie auf sicherem Grund: getragen von einer starken Gemeinschaft, verwurzelt in einer lebendigen Tradition, das wurde an diesem denkwürdigen Abend deutlich.

© Heck, Presse Hamburg (3)

BU Titelbild:
Zeigten sich als Einheit und gepaart mit Harmonie, die Philhamoniker Jena und der Frauenkirchen Chor.