In Dresden wird Technik für die Welt von morgen entstehen
Bosch wird mit dieser Chipfabrik in Dresden und einem Volumen von gut einer Milliarde Euro die größte Investition in der Unternehmensgeschichte weltweit verwirklichen
Von Bernhard K. Heck
Der damalige Vorsitzende der Geschäftsführung der Robert Bosch GmbH, Dr. Volkmar Denner hatte vor 2 Jahren gute Nachrichten und Ankündigungen im Gepäck, als er im Beisein von Ministerpräsident Michael Kretschmer und Dresden Oberbürgermeister Dirk Hilbert, diesen historischen Satz sprach: “Hier in Dresden wird Technik für die Welt von morgen entstehen“.
Heute zwei Jahre später hat Bosch geliefert und einen futuristischen Gebäudekomplex für über 500 Mitarbeiter geschaffen. Möglich war dies unter der Zugrundelegung, dass durch die EU-Kommission, die Bundes- und die Landesregierung die strategische Bedeutung der Mikroelektronik erkannt wurde und Fördergelder flossen. Das entscheidende Akronym für die gemeinschaftlichen Unterstützung heißt IPCEI, es steht für „Important Project of Common European Interest“. Hintergrund: Ein besonderes Förderprogramm der Europäischen Union (EU), das speziell in der Mikroelektronik die spezielle Förderung ermöglicht, um im weltweiten Wettbewerb aufzuholen. Diesem Förderprogramm ist es zu verdanken, dass Bosch diese Chipfabrik in Dresden realisiert mit einem Volumen von gut einer Milliarde Euro, ist es die größte Investition in der Unternehmensgeschichte.
Durch die Vernetzung über 5G-Mobilfunk, die Auswertung von Maschinen- und Produktdaten über künstliche Intelligenz – in Summe den Hightech-Alltag der neuen Chipfabrik im Dresdner Norden bestimmen. Dies ist die erste vollständig als AIoT-Fabrik organisierte Produktion von Bosch. AIoT – das ist die Kombination aus „Artificial Intelligence“ und „Internet of Things“. Daraus geht eine neue Art der effizienten Produktion hervor: KI-Algorithmen detektieren Prozess-Anomalien aus täglich Abermillionen Daten – und sie optimieren die komplexe Reihenfolge von bis zu 700 Produktionsschritten für jeden Wafer das ist das Ziel von Bosch.
Auch für kommende Innovationen wird Mikroelektronik gebraucht. Ohne sie ist keine künstliche Intelligenz, die zum Beispiel automatisiertes Fahren oder Quantensensorik, die in Zukunft etwa die medizinische Diagnose von Alzheimer und Parkinson genauer und einfacher machen könnte, möglich. Halbleiter, die sicher und zuverlässig sind, zudem komplexe Umgebungen steuern und regeln – darauf kommt es in allen gegenwärtigen und zukünftigen Anwendungen der neuen Techniken an. Was die neue Fabrik wert ist, wird sich im globalen Innovationswettbewerb erweisen. Für Bosch ist sie schon jetzt Teil eines weltweiten Entwicklungs- und Fertigungsverbundes.
Jede der rund 100 Maschinen und Anlagen im 10.000 Quadratmeter großen Reinraum, der auf weitere 3000 Quadratmeter erweitert wird, ist über eine Datenzentrale vernetzt. Dort werden die gefertigten Wafer über 300 Kilometer Datenleitungen elektronisch mit der komplexen Gebäudeinfrastruktur konnektiert. Pro Maschine werden so bis zu 1000 Datenkanäle in Echtzeit erfasst und innerhalb des Werks zu einem Server weitergeleitet. Der „digital twin“ besteht aus rund einer halben Million 3D-Objekten – von Gebäuden und Infrastruktur, über Ver- und Entsorgungsanlagen, Kabeltrassen und Lüftungssystemen bis zu den Maschinen und Fertigungsanlagen. Damit lassen sich Prozessoptimierungen, aber auch Umbauarbeiten simulieren, ohne in die laufende Fertigung einzugreifen. Auch neue Anlagen werden immer zweimal in das Werk geliefert – einmal in der echten Welt und einmal in Form von digitalen Modellen.
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Diese zentralisierte Datenarchitektur in der Waferfab ist eine der größten Stärken des neuen Bosch-Werks. Insgesamt entstehen Produktionsdaten im Umfang von umgerechnet 500 Textseiten pro Sekunde. An einem Tag entsprächen das mehr als 42 Millionen beschriebene Blatt Papier mit einem Gewicht von 22 Tonnen. Anhand dieser Daten lässt sich beispielsweise zu jedem Zeitpunkt nachverfolgen, wo sich jeder einzelne Wafer in der Fertigung befindet, wohin er als nächstes geht und wann der Wafer eintrifft. Die Beförderung von Anlage zu Anlage übernimmt ein vollautomatisches Transportsystem mit einzelnen Transportboxen, sogenannten „FOUPs“ (Front Opening Unified Pod). In diesen befinden sich jeweils bis zu 25 Wafer. Der manuelle Transport entfällt somit vollständig. Was die neue volltechnisierte Reinraum-Fabrik letztlich wert ist, wird sich im globalen Innovationswettbewerb erweisen.
Für Bosch ist der Standort Dresden schon jetzt Teil eines weltweiten Entwicklungs- und Fertigungsverbundes mit seinen 468 Niederlassungen und Regionalgesellschaften in über 60 Ländern und Regionen – Vertriebs- und Service-Partner in rund 150 Ländern und Regionen weltweit. Es bleibt also weiter spannend um die Arbeitsplätze für die Chipbranche im Dresdner Norden.
Angetan von diesem hohen Knowhow gab sich Dresdens Oberbürgermeister Hilbert im Interview auf der Bosch-Baustelle „Reinraum“ vor wenigen Tagen stolz auf den geleisteten Input durch seine Mitarbeiter in der Stadtverwaltung und den Gremien. „Mit der Ansiedlung und dem Ausbau des Werkes von Bosch und den vorhandenen Produktionsstätten von Infineon, Globalfoundries, sowie der Standortentscheidung für Dresden durch den Taiwanischen Chipgiganten TSMC entsteht seit Jahren kontinuierlich ein Cluster mit ausgezeichneten Impulsen für den Arbeitsmarkt in Dresden“. Anmerken möchte ich noch, „dass der Stadtrat mit klarer Mehrheit dafür gestimmt, dass Dresden die 50 Millionen Euro bereitstellt für die Ressource Wasser. Damit ist die Grundlage für die Finanzierung des 320 Millionen Projekts Flusswasserwerks im Stadtteil Kaditz durch die Sachsen Energie gelegt und wird die Grundlage schaffen, für weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Infrastruktur im Norden Dresdens und damit auch für die dortigen Bewohner“.
Bosch – Das neue Werk in Dresdens Norden. © Presse Hamburg/ Dresden